Natürlich könnte man für mehrere tausend Euro in einem luxuriösen Zug irgendwo auf der Welt unterwegs sein, mit allem Komfort, den ein Mittelklassehotel auf Schienen bietet. Natürlich könnte man sich darüber beschweren, dass man ein Schlafabteil bezahlt und nur 5-6 Stunden darin tatsächlich schlafen kann. Aber wir wollten es ja anders. Schließlich sollte diese Nacht uns auf die bevorstehende Fährfahrt vorbereiten – sowohl körperlich als auch mental.
Gegen 22 Uhr, irgendwo in der Nähe von Budapest, schaukelte uns der Dacia Express sanft in den Schlaf, fast wie Babys. Na ja, „sanft“ ist vielleicht nicht das richtige Wort – das Wagengestell hatte eher die Wirkung einer intensiven Trainingseinheit für den Gleichgewichtssinn. Die Beleuchtung hatte dank mehrerer Stromausfälle auch eher Stroboskop-Charakter. Um kurz nach zwei Uhr wurden wir zum ersten Mal geweckt. Die Grenzkontrolle in Lókösháza war weniger spektakulär als erwartet: Kein Stempel im Pass, nur das grelle Licht und eine weit geöffnete Kabinentür, die dafür sorgten, dass wir – gegen unseren Willen – hellwach waren. (Anmerkung von Orti: lol, „wir“. Ich hab nicht geschlafen.) Kaum wieder im Land der Flachen Dächer, kam die nächste Kontrolle in Curtici. Zwei weitere Beamte schauten sich unsere Papiere an, wir murmelten müde unsere Namen und durften uns dann wieder in den Schlaf kämpfen. Zumindest theoretisch, denn ich war nun vorerst wach.
So stand ich also, nach einem kurzen Nickerchen, in der Gemeinschafts-Duschtoilettenkombination am Ende des Wagens. Frisch geduscht wäre vielleicht zu viel gesagt. Das kalte Wasser, das nur tröpfchenweise aus dem Duschkopf kam, reichte kaum aus, um den Seifenschaum abzuwaschen, aber es war erfrischend – auf eine sehr belebende Art und Weise. Während der Zug weiter über die Schienen rumpelte, trocknete ich mich mit meinem 30 cm großen Reisehandtuch ab. Ein Hoch auf die Mikrofaser!
„Ich habe dich quieken gehört“
meinte Ortwin trocken, als ich zurück ins Abteil kam. Ich würde es nicht leugnen.
Es ist zwar kein Luxus, aber es funktioniert. Aus dem Fenster bot sich ein typisches Bild: Müllhaufen am Bahndamm, verlassene Bahnhöfe mit einem einsamen Beamten mit Kelle, und hin und wieder ein Straßenhund, der an den Gleisen entlangtrottete. Ein frisch kokelnder Böschungsbrand rundete die Idylle ab. Man könnte fast sagen: Willkommen in Rumänien.
Um 11:45 klopft es. Was gibt es diesmal? Bier, Passkontrolle oder etwa Frühstück? Letzteres habe ich doch bereits selbst in Wien gekauft, liebevoll drapiert und schon längst verzehrt. Stattdessen tritt diesmal ein als Bahnmitarbeiter erkennbarer Mann mit einem Tablett herein. Mangels Wechselgeld gibt es für uns zwei Kaffee, dazu ein Twix für Ortwin und eine Tüte Chips für mich. Soll noch jemand behaupten, wir ernähren uns nicht ausgewogen.
Während wir weiterrollen, ziehen Schafherden, Dörfer, Kleinstädte mit Baumärkten und kaputten Autos an uns vorbei. Viele Solarfelder außerdem. Der Eindruck verstärkt sich, dass Rumänien größtenteils aus Landschaft besteht – und das ist durchaus angenehm.