Während ich beim Frühstück sitze, ich bin der Erste, bin aber auch bereits um 22 Uhr ins Bett gefallen, ist mein Paket mit Mitbringseln und Ballast bereits kurz vor München. Beim Tee schlürfen lasse ich die letzten zwei Wochen im Schnelldurchlauf Revue passieren: Zug, Eiffelturm, Nachtzug, Meer, Fähre, tolles Tunesien, Fähre, Zug, Rom, Nachtzug, Venedig, Nachtzug, Wien, Zug, Katowice, Achterbahn, Achterbahn, Achterbahn… Lange Reise, wie gut, dass ich mitgeschrieben habe.
Ich war in mehr Achterbahnen als Zügen, so viel steht fest. Die Fahrdauer toppt der Freizeitpark allerdings nicht. Bewegungstechnisch aber steht Energylandia meinen Tagen sonst in wenig nach: ~15 Km habe ich täglich zurückgelegt. Um zehn Uhr checken wir noch zu viert aus unserer Unterkunft aus. Falls ihr mal ins Energylandia wollt, kann ich die Wohnung für bis zu sechs Personen sehr empfehlen, solange ihr euch für absurde Einrichtung mit guter Küche und spaßiger Technik begeistern wollt.
»Eine dieser Stunden wird deine letzte sein« steht unter einer Uhr am Straßenrand, übersetzt uns S., die im Gegensatz zu den anderen drei Augenpaaren im Auto des polnischen mächtig ist. Wir fahren vollelektrisch mit S. Vierrad bis Katowice. Zwischendurch kurzer Ladestopp mit Pipi-Pause an kostenloser und perfekter Toilette (Wie die polnische Wirtschaft diese Gratismentalität aushält, ist mir ein Rätsel). Auf dem Parkplatz gibt es außerdem einen Blumenautomaten mit Auswahl:





Wir verabschieden uns von Fahrer und Beifahrerin. Ab hier geht es wieder auf Schienen weiter. Im polnischen Bahnhof Katowice berichtet Arian von Loungemusik, Ausblick nach Thailand und unvorstellbaren Gerüchen auf der Toilette. Alles im Positiven. Hier in der Stadt kosten die Toiletten wieder etwas – ich komme langsam heim. Wir spazieren ein bisschen durch die Stadt, in der ich beim nächsten Besuch mehr als Umsteigezeit verbringen möchte. Arian zeigt mir ein kleines, verstecktes Kino, es wird sofort für den nächsten Besuch gespeichert und schleift mich und seinen Koffer in ein kleines Café mit Rösterei um die Ecke.







Nach etwas Verweildauer geht es in den Eurocity 58 von Pizemysl Glowny nach Berlin. Die letzte Etappe bricht an und ich bin einerseits erfreut, wieder Heimat, bisschen Alltag und Ruhe zu haben. Doch es gibt Dinge, Menschen und Schildkröten, die ich jetzt schon vermisse.
Als Fazit kann ich heute schreiben, dass mir alleine Reisen auch großen Spaß bereitet. Unterwegs unbekannte und am Ziel Freunde treffen ist sehr schön. Würde ich diese Reise wiederholen? Ja, auf jeden Fall! Würde ich nochmal ein erstes Klasse-Interrailticket buchen? Nein, das erachte ich nach dieser Strecke nur für sinnvoll, wenn spontan und reservierungsfrei gefahren werden will. Ich habe meine Route gehabt und lediglich wenn etwas Großes schiefgegangen wäre, hätte mich das Bahnpersonal vermutlich durch das Wedeln mit dem ersten Klasse-Pass nicht in einem Hostel, sondern Hotel untergebracht.
Ich möchte auf jeden Fall noch einmal nach Tunesien, alleine, um dort Bahn zu fahren. Das Land ist groß, der afrikanische Kontinent noch größer. Tunesien – Algerien – Marokko? Da soll es eine immer bessere Zugverbindung geben. Wüste, Oasen und mehr Meer möchte ich auch nicht verpassen. Also ist es wie so oft: Gehen, um wiederkommen zu können.

Im polnischen Eurocity testen wir selbstverständlich zu vorgerückter Stunde noch den Speisewagen. Es gibt Puffer mit Gulasch, Salat, Piroggen und Kuchen. Es mundet und wir genießen Angebot und Aussicht.



Berlin erreichen wir mit weniger Verspätung als befürchtet, und ich spaziere Teile des Weges gemütlich zu Fuß in den Abend hinein. Das war es dann. Vorerst. Heimkommen heißt auch direkt an neue Reisen denken und die nächste Reise steht bereits.

Zum Abschluss der Reise noch ein Hinweis für Freunde des Nachtzuges. Diese Umfrage sammelt derzeit Daten zum Ausbau und Verbesserung des Nachtzugverkehrs in Europa.
Karte der kompletten Reise:

[Sie werden sehen, dass die Fährverbindung etwas merkwürdig aussieht. Ich konnte das bisher nicht ändern – der Rest stimmt aber soweit]