Sonntag, 06.07.2025
Da waren wir nur noch fünf. Drei Schlüssel landen um kurz nach zehn an der Rezeption des College Hostels, in dem wir zwei Nächte verbracht haben. Mit dem bekannten Bus geht es zurück in die Innenstadt und zu Snax Cafe. Wie gut, dass wir Freunde haben, die uns, auch wenn sie gerade in Australien Kängurus kraulen arbeiten, Tipps schicken. Als Hunger und Durst gestillt sind, wandern wir zum Scott Monument, unweit der Station Waverley. Ich habe noch ungeschriebene Postkarten, drei Stück gab es für ein Pfund. Während ich Grüße auf das Papier kritzle, verrät mir Arian, wie viel er für eine Briefmarke nach Hause gezahlt hat. Ich beschließe, dass die Karten ruhig noch zwei Ländergrenzen warten können, bis sie frankiert und eingeworfen werden.
Es heißt erneut Abschied nehmen: Ortwin, Samson, Arian und ich verlassen L, die noch ein paar Stunden Schottland genießt, bevor sie in die Luft geht.
Wir steigen in den Zug nach Newcastle und sind schon eineinhalb Stunden später an der Küste. Früher als gedacht, eine halbe Stunde Stadt gucken passt da noch rein, denken wir leichtsinnigerweise und treffen uns entsprechend später in der Bahnhofshalle wieder. Die nächste Bahn, die uns noch den letzten Weg zur Fähre bringen soll, lässt auf sich warten. Zum ersten Mal denke ich, wir hätten doch besser direkt zum Hafen fahren sollen. In der Bahn bemerkt Ortwin, dass wir die eben am Automaten gekaufte Ticketzonen verlassen – einchecken per Kreditkarte / Smartphone ist hier noch nicht angekommen. Wir können ein paar Stationen schwarz fahren, dann erreichen wir wieder unseren Ticketbereich. Dann aber fällt auf, dass alle Hinweise zum Hafen auf die Station vor der von uns und Google Maps auserkorenen zeigen. Erneut wünsche ich mir, mir wären direkt zum Hafen. Doch nun steigen wir eine Station früher aus, leider falsch, wie sich gleich zeigen wird. Ein Taxi rettet und wir entern pünktlich das Schiff. Eine Fähre nach Europa, das hatte ich doch dieses Jahr schonmal. Hier ist der Zoll weitaus schneller und wir stehen in Nullkommanichts in der Viererkabine für die Nacht. Etwas eng, aber ausreichend für die Überfahrt. Bevor wir ablegen und das Internet rar wird, will ich noch schnell schreiben und einen Post veröffentlichen, ich hinke eh schon hinterher. Die anderen erkunden das Schiff. Vorher Uhrenvergleich: Hier ist schon eine andere Zeitzone. Die Briten werden es nicht mögen, doch noch im Hafen liegen, stellen wir unsere Uhren auf heimische Zeitzone — niemand möchte das für 20 Uhr reservierte Abendessen verpassen.




Von Deck aus winken wir später der Insel. Danke für die schönen Tage & das Bier! Derweil schlechte Nachrichten von L – ihr Flug nach Hause fällt aus und es gibt keine andere Option am heutigen Abend. Edinburgh wird Sie nicht los, oder umgekehrt?
Wir erkunden den Duty-Free-Shop und nehmen anschließend an einem Info-Vortrag der Orca.org.uk teil. Ariana erzählt uns etwas zu den Tieren in der Nordsee und ihren Sichtungen auf der Strecke. Die Organisation arbeitet mit der Fährgesellschaft DFDS zusammen und sammelt alle Sichtungen von Delfinen und Wahlen auf der Strecke. Nach dem Vortrag teilen wir uns auf, gehen an Deck, unter Decke, an die Bar oder wie ich duschen.




Das Buffetrestaurant war ein Tipp, den ich vorab über eine Reisedoku auf YouTube bekommen habe und es lohnt sich. Wir schlemmen uns durch gute Auswahl und Ortwin schafft drei Teller Nachtisch. Müde vom Kauen, verdauen und der Reise generell fallen wir unterschiedlich früh in die Koje. Die See ist ruhig, nur die Fähre rumort.

Am nächsten Morgen weckt uns die Lautsprecheranlage des Schiffes um acht Uhr. Frühstück wäre angerichtet, wir verzichten und drehen uns kollektiv nochmal um. Um kurz nach zehn betreten wir Festland. IJmuiden, um genau zu sein. Bis Amsterdam ist es noch ein Stückchen. Während wir Busse und Bahnen recherchieren und langsam Regen einsetzt, frage ich beim DFDS Shuttlebus, was es kosten würde dort mitzufahren. Läppische 12,50 € p.P. bis Amsterdam Centraal. Na gut, wir geben nach und nehmen Platz.
Am Bahnhof suchen wir uns eine Möglichkeit, die Rucksäcke loszuwerden und stellen fest, dass Amsterdamer Schließfächer sehr teuer geworden sind. Ich verzichte daher, bleibe ich eh am kürzesten hier. Arian, Ortwin und Samson legen ab und wir steuern eine Koffeintankstelle an.



Nun die letzte Trennung: Aus Vier mach drei — Ich gehe. Mein Interrailreisebudget bietet mir noch einen Tag Reise und ich habe nach langem Suchen keine bessere Idee gefunden, als einfach innerhalb der Niederlande noch ans Meer zu fahren. Kurz darauf sitze ich in einem Regionalzug und fahre nach Den Helder. Ich habe die Flexibilität eines Interrail Tickets noch nie genutzt wie heute. Während ich aus dem Fenster gucke und nach Wasser Ausschau halte (sehr flach alles), weiß ich noch nicht wo ich heute Abend ende, schlafe – geschweige denn, ob ich schlafe.




Während ich vom Bahnhof knappe 1 1/2 Stunden ans Wasser wandere, machen sich Team Arian und Team Samson & Ortwin nach einem stärkenden Restaurantbesuch auf zwei verschiedenen Wegen zurück nach Berlin. Da der durchgängige IC zwischen Amsterdam und Berlin derzeit nicht verkehrt, ist ein Umstieg notwendig. Die TOUR DE BIER Chatgruppe hält uns weiterhin zusammen. L hat es inzwischen in ein Flugzeug geschafft und zwar nicht Berliner, aber einheimischen Boden unter den Füßen.

Als ich gerade vom Aussichtsturm in die Ferne schaue und ein älteres deutsches Ehepaar gekonnt ignoriere, kommen Hiobsbotschaften aus zwei Zügen: Störungen, Verspätungen – Ich gucke in die Dünen und mache mich auf den Weg zu den dahinter liegenden Wellen.



Allein wandern ist meditativ, aber der Zug und Schub von vorn/ hinten fehlt. Ich schaffe es irgendwann den richtigen Weg zu finden und bade meine Füße in der stürmischen Nordsee. Die Rettungswache ist besetzt und eine stark flatternde Fahne macht klar, dass an schwimmen heute absolut nicht zu denken ist. Leichter Nieselregen verdirbt mir auch die Lust und ich trotte zur nächsten Bushaltestelle. Da der Bus auf sich warten lässt, gehe ich auch den Weg zum Bahnhof zurück. Zwischenstopp beim Supermarkt für Obst und Bier, dann steige ich in die Bahn zurück. Zurück fahre ich zwar durch Amsterdam aber nicht wie vorher angedacht nach Antwerpen, sondern Utrecht. Durch einen Ausfall auf der Strecke, würde ich das zwar noch schaffen, hätte dann aber kaum noch was vom Abend. In Utrecht war ich zwar schon einmal mit Ortwin, aber für heute nacht ist mir nur ein billiges Hostel wichtig. Ich gucke mir noch zwei Stunden die Stadt an und nehme mir dann Zeit zu lesen.





Morgens um fünf werde ich wach und bin kein bisschen müde. Ich könnte noch fünf Stunden bis zum Check-out schlafen und habe das Sechserzimmer für mich allein. Doch nach zwanzig Minuten an die Decke starren denke ich »was solls, nehme ich eben die frühere Verbindung« und stehe auf. Um 06:27 Uhr steige ich in Utrecht ein, später in Köln um und am Nachmittag bin ich zu Hause.
Was für eine Reise. Leise „Ich bin nur wegen Bier hier“ summend, wasche ich meine Wäsche und räume alle Reiseutensilien zurück in ihr Lager. Wann & wohin geht es wohl als Nächstes?


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