Syrakus — Rom — Mailand — München — Berlin

25.09.2025

Syrakus war eine gute Wahl. Wir haben die Insel am Montag betreten und erst heute, am Donnerstagmittag wieder verlassen. Das herrliche Wetter und die Ruhe in Ortygia, dem leider nicht gänzlich autofreien, aber durchaus verkehrsarmen Bereich der Stadt ließen Reiseruhe einkehren. Während Maren sich gern auf einem Felsen im Meer sonnte, erkundete ich die schmalen Gassen und weiten Blick auf das Meer. Am Abend gingen wir essen oder kochten in der liebevoll als Hobbit-Höhle bezeichneten Unterkunft. Spartanisch aber ausreichend für eine Urlaubsküche waren wir zufrieden mit allem. 

Heute geht es wieder auf Schienen. Bevor wir aber in den Zug steigen, besuchen wir die Catacomba di San Giovanni. Erwarten uns Mumien oder nur leere Gräber? Hauptsache kühl. Trotz etwas Regen am vorletzten Tag auf Sizilien ist es weiterhin sommerlich heiß. Erst nach unserer Abreise soll es abkühlen. Wir kommen gerade richtig für eine Führung, die uns Einblick in die frühe Bestattungskultur der Christen bringt. Die Katakomben entstanden ab dem 4. Jahrhundert rund um die Grabstätte des ersten Bischofs der Stadt, San Marciano. Das Tunnelsystem ist riesig, über 10.000 Gräber liegen vernetzt unter der Stadt. Es entstand teilweise aus alten griechischen Wasserleitungen, in die später Kapellen und eingearbeitet wurden. Guide Lorenzo zieht die Gruppe durch das Labyrinth aus Gängen, Kapellen und Nischengräbern. Sein wechsel zwischen italienisch und englisch ist manchmal nicht des Dialekts wegen sehr fließend, aber das wichtigste verstehe ich. Abgerundet wird der Gang mit einem VR-Film, der zwar inhaltlich nicht viel Neues bringt, aber technisch gut gemacht ist.

Wir pausieren bei Espresso und Limo, bevor wir zum letzten Caravaggio auf dieser Reise in die Santa Lucia al Sepolcro spazieren. Das „Begräbnis der Heiligen Lucia“ von Michelangelo Merisi da Caravaggio zeigt die Bestattung der Märtyrerin Lucia nach ihrer Hinrichtung in Syrakus. Dort malte der Künstler das Gemälde 1608, kurz nachdem er in Malta gewalttätig wurde und fliehen musste. Künstler …
Wie schon in Rom lässt sich das Gemälde gegen Geld beleuchten und aus einer bestimmten Perspektive besonders gut betrachten. Als wir aus der Kirche treten, stellt Maren fest, dass es ein Graffiti-Abbild auf eine Fassade hinter dem alten Gemäuer gibt.

Kulturell ist Syrakus noch nicht erschöpft, wir aber. Das Amphitheater und archäologische Museum müssen auf einen weiteren Besuch verschoben werden. Ich komme gern nochmal und kann mir hier auch gut eine Woche im Frühling vorstellen. Dann weiß ich auch direkt, wo die Fischer morgens anzutreffen sind und in welche Restaurants ich gehen mag.

Die sizilianische Küche ist neben Fisch und Meeresfrüchten auch für mich, der keine Milchprodukte verträgt, angenehm abwechslungsreich. Am letzten Tag genießen wir Granita, erfrischendes, fruchtiges Sorbet und holen uns zum zweiten Mal die köstlichen, frittierten Reisbällchen, Arancino genannt. Dazu noch Pasta a la Syrakus — Bandnudeln mit Sardellen und Semmelbröseln ergänzt. Auch lecker. Über einen Supermarkt und Antiquitätenhandel geht es zurück zu einem kleinen Hotel direkt am Bahnhof. Dort holen wir unsere zwischengelagerten Rucksäcke ab. Sie hatten entspannte Stunden und konnten sich mit anderem Reisegepäck austauschen. Am Gleis steht bereits der Nachtzug zurück bereit.

Der einzige Mitreisende in unserem vierer Abteil ist heute ein älterer Herr. Die Sprachbarriere lässt diesmal kein Gespräch aufkommen und seine Generation scheint ja inzwischen ohnehin kaum noch ohne Smartphone auszukommen. Auch kann sich der Mann augenscheinlich ohrenscheinlich keine Kopfhörer leisten. Das geht wieder auf Schaden unseres Gehörs, denn wir drehen unsere lauter. Selbst mitten in der Nacht, starrt der Mann in sein Smartphone, wo er doch schlafen sollte. Die Senioren von heute … 

Während ich schon schlummere, schaut Maren gegen Mitternacht von der Fähre auf die beleuchtete Küste Siziliens.

26.09.2025

Rückreisen sind nie schön. Den Urlaub hinter sich gebracht haben und nun stückweise in die Heimat rollen, kann zwar auch Vorfreude mit sich bringen. Ich sehe in erster Linie den Urlaub am Fenster vorbeiziehen.
Das passiert zwei Stunden länger als gedacht. Durch eine Baustelle, die anscheinend erst nach unserer Buchung angekündigt wurde, spuckt uns der Nachtzug erst gegen halb zehn in Roma Termini aus. Blöd, dass der Anschlusszug bereits um 07:50 Uhr fuhr. Doch als durchgehende Verbindung gebucht, werden wir am Serviceschalter der Trenitalia kurzerhand umgebucht. Keine fünf Minuten inklusive anstehen, dauert es und jetzt sitzen wir zwar nicht nebeneinander, rasen aber direkt weiter nach Mailand.

Der Frecciarossa hat im Vergleich zu den Triebwagen des ICE seine 16 Motoren verteilt auf alle Wagen. Damit kommen die Züge auf 300 bis 400 Km/h und Mensch sitzt entspannt in der Standard, Premium, Business oder Executive Klasse. Allein funktionierende Steckdosen und direkte Möglichkeit für den Anschluss von USB-A und USB-C Ladekabeln lassen mein Nerdherz höher schlagen. Der Espresso kostet 1,50 € und ich setze mein Urlaubsfrühstück mit einem Obstsalat auf Schienen fort. Zwei Stunden später im regnerischen Mailand angekommen, ist noch immer genügend Zeit für ein letztes Mal italienische Pasta und kurzes Sightseeing. Der Mailänder Dom ist erst vor kurzem nach über 600 Jahren Bauzeit fertiggestellt worden. Wir nutzen die Chance, ihn vor der Renovierung zu besuchen, sind aber zu spät. Trotz Baustelle ist das alte Gemäuer beeindruckend. Ich verbringe eine knappe Stunde auf dem Beichtstuhl (hier in mehreren Sprachen verfügbar) und beichte alle Urlaubssünden.

Nach mehr Nieselregen als gedacht, Ausblick und einem Beutel italienischer Leckereien begeben wir uns zurück zu den Rucksäcken. Von einem Nachzug in den anderen zu wechseln lässt wenig Zeit zu verschnaufen und wir sind allmählich bettfertig. Nur meine Suche nach der hübschesten Zahnpasta der Welt, kann ich nicht erfolgreich abschließen. Wer darüber im Urlaub stolpert, möge mir bitte ein paar Sorten einpacken!

Am Abend steigen wir in Milano Lambrate in den letzten Nachtzug dieser Reise. Abfahrt pünktlich um kurz vor halb zehn. Wagenmaterial alt, Toiletten renoviert. Den Liegewagen teilen wir uns mit einem netten Hamburger Paar, die aus Sardinien kommen. Ein bis zwei Gute-Nacht-Biere später ist Schlafenszeit.
Der Schaffner im Couchettewagen bereitet uns auf die Grenzkontrolle gegen 07:30 Uhr vor: »Personalausweise bereithalten!«.

27.09.2025

Der ÖBB Nightjet 40235 bringt uns im Schlaf über Österreich nach Bayern. Eine Horde Bundespolizist:innen übt gegen 07:30 Uhr klopfen und praktiziert es an jedem Abteil. Schön, dass zumindest der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei den Aufwand als unverhältnismäßig kritisiert hat. Im Juli stand die Polizei bereits bei 2,8 Millionen Überstunden.1
Ist es nicht faszinierend, dass Alexander Dobrindt erst als Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bahn und deutsche Internetinfrastruktur heruntergewirtschaftet hat und nun auch als Innenminister im Urlaub nervt? Ich bin es Leid, einen weiteren Satz zum bewussten Verstoß des Schengener Abkommens und Verlust Europäischer Gemeinschaft zu formulieren. Tschuldigung. Zurück auf die kaputte Schiene.

Nach einem kleinen Frühstück steigen wir in München aus und um. Die Oktoberfesthochburg ist schon voll Dirndl und Lederhosen, die Schlagen vor den Kiosken entsprechend lang. Mit ein paar Snacks besteigen wir den letzten Zug der Reise und erreichen am Nachmittag Berlin.

Drei Fragen nach drei Nächten im Nachtzug an Mitfahrerin Maren:
Wie waren deine ersten drei Nächte im Zug zusammengenommen?

Zusammengenommen waren sie gut und ein interessantes Erlebnis. Es entschleunigt das Reisen in jedem Fall und aus dem Fenster schauen ist einfach wunderbar.

Hat dich etwas im Nachtzug überrascht, sowohl positiv als auch negativ?

Positiv – wie sauber das Bad war.
Negativ – die Ausstattung im letzten Zug 😅

In welchen Situationen würdest du wieder Nachtzug fahren? 

Wenn ich viel Zeit zum Reisen habe und auch eine Strecke im Hellen dabei habe. Aber muss jetzt nicht dauernd sein.

  1. Überstunden. Kritik an Grenzkontrollen reißt nicht ab. Tagesschau.de 08.07.2025 08:09 Uhr ↩︎

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